Wie die Bullen trainieren

Die Salzburger Flying Bulls sind Top-Piloten auf wunderschönen Oldies. Vor jeder Airshow-Saison wird in Slowenien intensiv im Trainingslager geprobt

  • Fotos: Uwe Stohrer
  • Text: Jürgen Schelling

Der Pilot flying auf dem linken Sitz signalisiert seinem Co, dass er gleich das erste Triebwerk startet. Schon beginnt sich der Propeller des gewaltigen Wright Cyclone R 2600 auf der Copilotenseite zu drehen. Wenige Momente später feuert der mächtige 14-Zylinder. Verbranntes Öl hüllt die mächtige Twin ein. Die Maschine auf dem Vorfeld des Hangar 7 am österreichischen Flughafen Salzburg zittert, denn der Doppelsternmotor braucht einige Sekunden, bis er rund läuft. Jetzt startet Flugkapitän Frederic Handelmann auch den Motor auf seiner Seite. Die hochglanzpolierte North American B-25J Mitchell der Flying Bulls vibriert im Takt ihrer zusammen 3400 PS starken Triebwerke. Einige Minuten später hebt die schwere Twin mit Ziel Maribor in Slowenien ab. Dort warten bereits die anderen Piloten der Flying Bulls zum gemeinsamen Flugtraining.

Frederic Handelmann ist Fliegerprofi, genau wie sein neben ihm sitzender Copilot Hans Pallaske. Handelmann steuert im Hauptberuf einen Airbus A340 der Lufthansa. Pallaske hingegen fliegt eine Turbinen-Single als Absetzmaschine für Fallschirmspringer oder eine seltene Push-Pull-Cessna vom Typ C 337 D Skymaster. Auch wenn beide also normalerweise unterschiedliche Flugzeugtypen bewegen, bilden sie im Cockpit der B-25J Mitchell ein eingespieltes Team. Denn um bei den Salzburger Flying Bulls die wertvollen Oldtimer fliegen zu dürfen bedarf es nicht nur eines hervorragenden fliegerischen Backgrounds, auch die Stimmung in der Crew sollte entspannt und gleichzeitig professionell sein.

Handelmann und Helikopter-Kunstflugass Rainer Wilke sind die beiden Deutschen unter den Flying Bulls, deren Piloten sich aus mehreren Nationen zusammen setzen. Zwar überwiegen naturgemäß Österreicher, aber auch je ein Schweizer und Franzose steuern die Oldies. Handelmann nennt drei Grundvoraussetzungen, damit ein Pilot die Chance bekommt, bei den Flying Bulls zu fliegen. Er muss ausgeprägte fliegerische Routine besitzen und sich vor allem mit den Sternmotoren der Oldtimer gut auskennen. Boeing- oder Airbus-Erfahrung hilft eher wenig. Ein zweites wichtiges Kriterium ist Verfügbarkeit: Die Flying Bulls sind in der Flugsaison oft mehrere Wochenenden hintereinander auf Airshows. Da nützt der beste Pilot nichts, wenn er nicht einsetzbar ist. Das dritte und wohl entscheidende Kriterium ist, dass er ins Team passt. Die Flying Bulls fliegen mit den unterschiedlichsten Oldtimern in enger Formation bei internationalen Airshows. Da muss die Chemie einfach stimmen, da sich jeder hundertprozentig auf den Anderen verlässt. Deshalb ist Teamfähigkeit immens wichtig für eine gute Grundstimmung.

Raimund Riedmann, Chefpilot “Fläche” der Flying Bulls, bringt noch einen vierten Punkt ins Spiel: Der Fliegerkollege sollte möglichst auch Businessjet-Erfahrung besitzen. Denn ausserhalb der Airshow-Teilnahmen fliegen einige der Piloten die Manager oder den Chef ihres Mutterunternehmens Red Bull in der firmeneigenen Falcon oder Citation zu Terminen in der ganzen Welt. Das heißt, sowohl IFR-Betrieb in Flightlevel 400 als auch Sichtflug in Mindestflughöhe zählen zum Alltag. Die Oldtimer werden ohnehin fast immer VFR bewegt. Das kann allerdings auch mal dazu führen, dass ein geplanter Auftritt der P-38 Lightning in Duxford wie etwa im Juli 2014 abgesagt werden muss, weil das Wetter zwischen Österreich und England so schlecht war, dass es VFR kein Durchkommen gab. Auch die B-25 wird bevorzugt in VMC geflogen, weshalb sie beim diesjährigen Training einen Tag verspätet nach Maribor kam. Zuvor hatte das Wetter in den Alpen keinen Sichtflug zugelassen. Die Ausnahme bildet das viermotorige Flaggschiff, die Douglas DC-6B. Sie ist voll IFR-zertifiziert, hat volle Enteisung und ist somit in der Lage, wie ein moderner Airliner bei jedem Wetter zu fliegen.

Das jährliche Flugtraining vor Beginn der Airshowsaison in Maribor findet unter den wachsamen Augen von Bernd Piff statt. Der ehemalige Saab-Draken- und Eurofighterpilot des österreichischen Bundesheeres ist Flieger durch und durch und registriert selbst kleinste Abweichungen bei der Vorführung, etwa im Formationsflug oder wenn die Piloten von der Ideallinie abkommen. Als mehrfacher Display-Direktor der Airpower Zeltweg und Renndirektor verschiedener Air Races hat sich der Österreicher auch international einen Namen gemacht. Der 52-Jährige beobachtet als Supervisor jeden Flug und hört parallel per Headset auf der Onboardfrequenz mit. So kann er die Kommandos beim Formationsflug mitverfolgen und weiß, was als nächstes stattfindet. In einer akribischen Nachbesprechung nach jeder Vorführung gibt er seine Analyse, Bewertung und Hinweise an den oder die Display-Piloten weiter.

Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil fast immer unterschiedliche Flugzeugtypen zusammen fliegen. Eric Goujon in der Corsair und Philipp Haidbauer im Alpha Jet etwa bilden eine ungewöhnliche Zweierformation. Sie ist deshalb sehr anspruchsvoll, da beide Maschinen unterschiedliche Performancedaten und Manöver-Radien aufweisen. So erreicht die Corsair maximal 400 Knoten, der zweistrahlige Alpha Jet aber bis zu 550. Damit etwa der Looping in enger Formation geflogen werden kann, müssen beide Piloten exakt abschätzen können, was die Maschine des jeweils anderen leistet.

Als Neuheit wird in Maribor einstudiert, dass ein Alpha Jet Rollen um die Corsair fliegt. Die hat neu ein Smokesystem, was die Vorführung noch spektakulärer macht. Zudem werden bereits Elemente für eine Premiere bei der Airpower, der größten Flugschau Österreichs im September in Zeltweg geprobt. Dort soll erstmals die Kunstflugfigur “Kubanische Acht” in einer gemeinsamen Formation der Warbirds mit den Alpha Jets gezeigt werden. Das Zusammenspiel von P-38 Lightning, Corsair und beiden Alpha Jets sollte eigentlich in Slowenien trainiert werden. Das ging nicht, da einer der beiden 1475 PS starken Allison V-1750 der Lightning Probleme bereitet und die Maschine in Salzburg groundet.

In der größten Formation fliegt sonst die B-25 als Führungsmaschine, dahinter die P-38, gefolgt von der Corsair, die wiederum flankiert von zwei Alpha Jets. In dieser Konfiguration sind insgesamt sechs Piloten beteiligt. Sie müssen exakt wissen, wann welches Manöver wie zu fliegen ist. Es gibt also viel zu üben beim Training in Maribor. Der slowenische Flughafen ist dafür perfekt geeignet. Er ist nur eine Flugstunde von Salzburg entfernt, verfügt über eine lange Piste und bietet viel Platz bei gleichzeitig geringem Flugbetrieb. Die Displays können zudem alle parallel zur Runway geflogen werden, so dass Bernd Piff, aber auch die jeweils pausierenden Piloten hervorragende Sicht aufs Geschehen haben. Und auch die Techniker, mitentscheidend für den erfolgreichen Auftritt der Flying Bulls, finden in Maribor gute Bedingungen. Ein großer Hangar steht dort zur Verfügung, in dem jeden Tag an den Flugzeugen und Helikoptern geschraubt wird.

Bei den Flying Bulls gibt es Piloten mit oder ohne militärische Formationsflugerfahrung. Raimund Riedmann, Frederic Handelmann oder Hans Pallaske etwa kommen aus der zivilen Luftfahrt, während Corsair-Bändiger Eric Goujon sowie die beiden Alpha-Jet-Piloten bei der Luftwaffe waren oder sogar nach wie vor dort fliegen. Jeder der Piloten und jedes Flugzeug hat zudem individuelle Limits. An einem der Trainingstage kommt der Crosswind mit bis zu 30 Knoten genau von der Seite. Für die beiden Alpha Jets ist damit ihre maximal zulässige Seitenwindkomponente von 25 Knoten zur Landung bereits überschritten. Eric Goujon nennt die Bedingungen für die Corsair als gerade noch fliegbar und behält sich vor, optional auf der Graspiste statt Asphalt zu landen. B-25-Captain Frederic Handelmann übernimmt an diesem Tag beim Start mit starkem Crosswind ebenfalls als Pilot flying das Steuer. Bei weniger widrigen Bedingungen wäre sonst sein junger Copilot Vito Wyprächtiger geflogen. Der Schweizer ist der Fachwelt sowohl als Rennpilot und mehrmaliger Reno-Air-Race-Teilnehmer, aber auch als routinierter Mechaniker bekannt. Er wird zukünftig als zweiter Copilot neben Hans Pallaske auf der B-25 eingesetzt. “Wir wollen natürlich auch die eigenen Leute fördern”, betont Raimund Riedmann angesichts der Tatsache, dass talentierte Flieger aus den eigenen Reihen bei Eignung innerhalb der Flotte aufsteigen können.

Die Flying Bulls legen aber nicht nur durch intensives Pilotentraining Wert auf Sicherheit, sondern auch durch die Ausrüstung ihrer Klassiker. Deshalb sind schnelle Warbirds wie Corsair, B-25 oder P-38 jeweils mit einem Traffic Advisory System TAS ausgerüstet. Dies erkennt Transpondersignale anderer Luftfahrzeuge und stellt deren Position und Flugrichtung auf einem Display dar. Droht ein Kollisionskurs, schlägt das System Alarm. Anders als beim aufwändigeren TCAS im Airliner gibt das TAS aber keine Ausweichempfehlung durch Steigen oder Sinken vor, sondern der Pilot muss selbst entscheiden, wie und wohin er ausweicht. Dennoch ist das TAS ein wichtiges Hilfsmittel, um andere Luftfahrzeuge bereits frühzeitig zu erkennen und deren Flugweg einschätzen zu können.

Um den unterschiedlichen Luftfahrzeugen und ihren Anforderungen optimal gerecht zu werden gibt es bei den Flying Bulls auch zwei Flugbetriebsleiter: Raimund Riedmann hat diese Funktion für den Bereich “Fläche” und ist gleichzeitig Chefpilot für die Flugzeuge. Siegfried “Blacky” Schwarz ist ebenfalls Flugbetriebsleiter und Chefpilot, allerdings für die Helikopter. Für ihn sei mit dem Fliegen bei den Flying Bulls ein absoluter Traum in Erfüllung gegangen, betont Riedmann. Sein Abstecher in ein Architekturstudium wurde rasch zugunsten der Pilotenkarriere beendet. Der gebürtige Tiroler machte seinen ATPL und flog einige Zeit für eine österreichische Bedarfs- und Ambulanzairline. Dort lernte er Sigi Angerer kennen, den legendären Gründer der Flying Bulls und bis zu seinem Ruhestand 2011 ihr Chefpilot. Angerer konnte zusammen mit dem flugbegeisterten Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, der selbst eine Pilotenlizenz besitzt, viele aussergewöhnliche Oldtimer für die Flotte erwerben und so eine einzigartige Sammlung begründen. Da Riedmann bereits seit dem Jahr 2000 bei den Flying Bulls fliegt, konnte er von Sigi Angerer in nahezu alle Maschinen der Flotte eingewiesen werden. Der 46-Jährige bringt es deshalb auf bereits mehr als 12000 Flugstunden.

Riedmann fliegt heute sowohl die viermotorige DC-6B als auch die Twins B-25 und P-38 Lightning sowie die einmotorige Corsair oder T-28. Deshalb kann er quasi auf jeder Position fliegen, falls einer der anderen Stammpiloten nicht verfügbar ist. Zudem steuert er als einziger Pilot die extrem seltene P-38 Lightning, das Glanzstück der Sammlung. “Es ist ein Privileg, diese wunderbaren Maschinen fliegen zu dürfen”, schwärmt Riedmann von seinem Beruf, der für ihn Berufung ist. Die Corsair bewegt er im Wechsel mit dem französischen Ex-Militärpilot Eric Goujon. Für die mächtige B-25 fungiert neben ihm auch Frederic Handelmann als Flugkapitän, Hans Pallaske und Vito Wyprächtiger sind Copiloten auf der Mitchell.

Und von welchem Flugzeug träumen Piloten noch, bei denen schon eine DC-6B, P-38, F4U-4 Corsair und gleich mehrere Alpha Jets im Hangar stehen? “Ein Starfighter – und er muss flugfähig sein”, meint Raimund Riedmann. Aber die Lockheed F-104 sei allein schon wegen der Geräuschkulisse wohl nicht vermittelbar, fliegende Exemplare gibt es ohnehin nur noch eine Handvoll. Aber auch eine Hawker Sea Fury würde seiner Ansicht nach noch bestens ins Portfolio des Hangar 7 in Salzburg passen. Selbst die Flying Bulls haben also noch unerfüllte Fliegerträume …

Der Pilot flying auf dem linken Sitz signalisiert seinem Co, dass er gleich das erste Triebwerk startet. Schon beginnt sich der Propeller des gewaltigen Wright Cyclone R 2600 auf der Copilotenseite zu drehen. Wenige Momente später feuert der mächtige 14-Zylinder. Verbranntes Öl hüllt die mächtige Twin ein. Die Maschine auf dem Vorfeld des Hangar 7 am österreichischen Flughafen Salzburg zittert, denn der Doppelsternmotor braucht einige Sekunden, bis er rund läuft. Jetzt startet Flugkapitän Frederic Handelmann auch den Motor auf seiner Seite. Die hochglanzpolierte North American B-25J Mitchell der Flying Bulls vibriert im Takt ihrer zusammen 3400 PS starken Triebwerke. Einige Minuten später hebt die schwere Twin mit Ziel Maribor in Slowenien ab. Dort warten bereits die anderen Piloten der Flying Bulls zum gemeinsamen Flugtraining.

Frederic Handelmann ist Fliegerprofi, genau wie sein neben ihm sitzender Copilot Hans Pallaske. Handelmann steuert im Hauptberuf einen Airbus A340 der Lufthansa. Pallaske hingegen fliegt eine Turbinen-Single als Absetzmaschine für Fallschirmspringer oder eine seltene Push-Pull-Cessna vom Typ C 337 D Skymaster. Auch wenn beide also normalerweise unterschiedliche Flugzeugtypen bewegen, bilden sie im Cockpit der B-25J Mitchell ein eingespieltes Team. Denn um bei den Salzburger Flying Bulls die wertvollen Oldtimer fliegen zu dürfen bedarf es nicht nur eines hervorragenden fliegerischen Backgrounds, auch die Stimmung in der Crew sollte entspannt und gleichzeitig professionell sein.

Handelmann und Helikopter-Kunstflugass Rainer Wilke sind die beiden Deutschen unter den Flying Bulls, deren Piloten sich aus mehreren Nationen zusammen setzen. Zwar überwiegen naturgemäß Österreicher, aber auch je ein Schweizer und Franzose steuern die Oldies. Handelmann nennt drei Grundvoraussetzungen, damit ein Pilot die Chance bekommt, bei den Flying Bulls zu fliegen. Er muss ausgeprägte fliegerische Routine besitzen und sich vor allem mit den Sternmotoren der Oldtimer gut auskennen. Boeing- oder Airbus-Erfahrung hilft eher wenig. Ein zweites wichtiges Kriterium ist Verfügbarkeit: Die Flying Bulls sind in der Flugsaison oft mehrere Wochenenden hintereinander auf Airshows. Da nützt der beste Pilot nichts, wenn er nicht einsetzbar ist. Das dritte und wohl entscheidende Kriterium ist, dass er ins Team passt. Die Flying Bulls fliegen mit den unterschiedlichsten Oldtimern in enger Formation bei internationalen Airshows. Da muss die Chemie einfach stimmen, da sich jeder hundertprozentig auf den Anderen verlässt. Deshalb ist Teamfähigkeit immens wichtig für eine gute Grundstimmung.

Raimund Riedmann, Chefpilot “Fläche” der Flying Bulls, bringt noch einen vierten Punkt ins Spiel: Der Fliegerkollege sollte möglichst auch Businessjet-Erfahrung besitzen. Denn ausserhalb der Airshow-Teilnahmen fliegen einige der Piloten die Manager oder den Chef ihres Mutterunternehmens Red Bull in der firmeneigenen Falcon oder Citation zu Terminen in der ganzen Welt. Das heißt, sowohl IFR-Betrieb in Flightlevel 400 als auch Sichtflug in Mindestflughöhe zählen zum Alltag. Die Oldtimer werden ohnehin fast immer VFR bewegt. Das kann allerdings auch mal dazu führen, dass ein geplanter Auftritt der P-38 Lightning in Duxford wie etwa im Juli 2014 abgesagt werden muss, weil das Wetter zwischen Österreich und England so schlecht war, dass es VFR kein Durchkommen gab. Auch die B-25 wird bevorzugt in VMC geflogen, weshalb sie beim diesjährigen Training einen Tag verspätet nach Maribor kam. Zuvor hatte das Wetter in den Alpen keinen Sichtflug zugelassen. Die Ausnahme bildet das viermotorige Flaggschiff, die Douglas DC-6B. Sie ist voll IFR-zertifiziert, hat volle Enteisung und ist somit in der Lage, wie ein moderner Airliner bei jedem Wetter zu fliegen.

Das jährliche Flugtraining vor Beginn der Airshowsaison in Maribor findet unter den wachsamen Augen von Bernd Piff statt. Der ehemalige Saab-Draken- und Eurofighterpilot des österreichischen Bundesheeres ist Flieger durch und durch und registriert selbst kleinste Abweichungen bei der Vorführung, etwa im Formationsflug oder wenn die Piloten von der Ideallinie abkommen. Als mehrfacher Display-Direktor der Airpower Zeltweg und Renndirektor verschiedener Air Races hat sich der Österreicher auch international einen Namen gemacht. Der 52-Jährige beobachtet als Supervisor jeden Flug und hört parallel per Headset auf der Onboardfrequenz mit. So kann er die Kommandos beim Formationsflug mitverfolgen und weiß, was als nächstes stattfindet. In einer akribischen Nachbesprechung nach jeder Vorführung gibt er seine Analyse, Bewertung und Hinweise an den oder die Display-Piloten weiter.

Dies ist vor allem deshalb wichtig, weil fast immer unterschiedliche Flugzeugtypen zusammen fliegen. Eric Goujon in der Corsair und Philipp Haidbauer im Alpha Jet etwa bilden eine ungewöhnliche Zweierformation. Sie ist deshalb sehr anspruchsvoll, da beide Maschinen unterschiedliche Performancedaten und Manöver-Radien aufweisen. So erreicht die Corsair maximal 400 Knoten, der zweistrahlige Alpha Jet aber bis zu 550. Damit etwa der Looping in enger Formation geflogen werden kann, müssen beide Piloten exakt abschätzen können, was die Maschine des jeweils anderen leistet.

Als Neuheit wird in Maribor einstudiert, dass ein Alpha Jet Rollen um die Corsair fliegt. Die hat neu ein Smokesystem, was die Vorführung noch spektakulärer macht. Zudem werden bereits Elemente für eine Premiere bei der Airpower, der größten Flugschau Österreichs im September in Zeltweg geprobt. Dort soll erstmals die Kunstflugfigur “Kubanische Acht” in einer gemeinsamen Formation der Warbirds mit den Alpha Jets gezeigt werden. Das Zusammenspiel von P-38 Lightning, Corsair und beiden Alpha Jets sollte eigentlich in Slowenien trainiert werden. Das ging nicht, da einer der beiden 1475 PS starken Allison V-1750 der Lightning Probleme bereitet und die Maschine in Salzburg groundet.

In der größten Formation fliegt sonst die B-25 als Führungsmaschine, dahinter die P-38, gefolgt von der Corsair, die wiederum flankiert von zwei Alpha Jets. In dieser Konfiguration sind insgesamt sechs Piloten beteiligt. Sie müssen exakt wissen, wann welches Manöver wie zu fliegen ist. Es gibt also viel zu üben beim Training in Maribor. Der slowenische Flughafen ist dafür perfekt geeignet. Er ist nur eine Flugstunde von Salzburg entfernt, verfügt über eine lange Piste und bietet viel Platz bei gleichzeitig geringem Flugbetrieb. Die Displays können zudem alle parallel zur Runway geflogen werden, so dass Bernd Piff, aber auch die jeweils pausierenden Piloten hervorragende Sicht aufs Geschehen haben. Und auch die Techniker, mitentscheidend für den erfolgreichen Auftritt der Flying Bulls, finden in Maribor gute Bedingungen. Ein großer Hangar steht dort zur Verfügung, in dem jeden Tag an den Flugzeugen und Helikoptern geschraubt wird.

Bei den Flying Bulls gibt es Piloten mit oder ohne militärische Formationsflugerfahrung. Raimund Riedmann, Frederic Handelmann oder Hans Pallaske etwa kommen aus der zivilen Luftfahrt, während Corsair-Bändiger Eric Goujon sowie die beiden Alpha-Jet-Piloten bei der Luftwaffe waren oder sogar nach wie vor dort fliegen. Jeder der Piloten und jedes Flugzeug hat zudem individuelle Limits. An einem der Trainingstage kommt der Crosswind mit bis zu 30 Knoten genau von der Seite. Für die beiden Alpha Jets ist damit ihre maximal zulässige Seitenwindkomponente von 25 Knoten zur Landung bereits überschritten. Eric Goujon nennt die Bedingungen für die Corsair als gerade noch fliegbar und behält sich vor, optional auf der Graspiste statt Asphalt zu landen. B-25-Captain Frederic Handelmann übernimmt an diesem Tag beim Start mit starkem Crosswind ebenfalls als Pilot flying das Steuer. Bei weniger widrigen Bedingungen wäre sonst sein junger Copilot Vito Wyprächtiger geflogen. Der Schweizer ist der Fachwelt sowohl als Rennpilot und mehrmaliger Reno-Air-Race-Teilnehmer, aber auch als routinierter Mechaniker bekannt. Er wird zukünftig als zweiter Copilot neben Hans Pallaske auf der B-25 eingesetzt. “Wir wollen natürlich auch die eigenen Leute fördern”, betont Raimund Riedmann angesichts der Tatsache, dass talentierte Flieger aus den eigenen Reihen bei Eignung innerhalb der Flotte aufsteigen können.

Die Flying Bulls legen aber nicht nur durch intensives Pilotentraining Wert auf Sicherheit, sondern auch durch die Ausrüstung ihrer Klassiker. Deshalb sind schnelle Warbirds wie Corsair, B-25 oder P-38 jeweils mit einem Traffic Advisory System TAS ausgerüstet. Dies erkennt Transpondersignale anderer Luftfahrzeuge und stellt deren Position und Flugrichtung auf einem Display dar. Droht ein Kollisionskurs, schlägt das System Alarm. Anders als beim aufwändigeren TCAS im Airliner gibt das TAS aber keine Ausweichempfehlung durch Steigen oder Sinken vor, sondern der Pilot muss selbst entscheiden, wie und wohin er ausweicht. Dennoch ist das TAS ein wichtiges Hilfsmittel, um andere Luftfahrzeuge bereits frühzeitig zu erkennen und deren Flugweg einschätzen zu können.

Um den unterschiedlichen Luftfahrzeugen und ihren Anforderungen optimal gerecht zu werden gibt es bei den Flying Bulls auch zwei Flugbetriebsleiter: Raimund Riedmann hat diese Funktion für den Bereich “Fläche” und ist gleichzeitig Chefpilot für die Flugzeuge. Siegfried “Blacky” Schwarz ist ebenfalls Flugbetriebsleiter und Chefpilot, allerdings für die Helikopter. Für ihn sei mit dem Fliegen bei den Flying Bulls ein absoluter Traum in Erfüllung gegangen, betont Riedmann. Sein Abstecher in ein Architekturstudium wurde rasch zugunsten der Pilotenkarriere beendet. Der gebürtige Tiroler machte seinen ATPL und flog einige Zeit für eine österreichische Bedarfs- und Ambulanzairline. Dort lernte er Sigi Angerer kennen, den legendären Gründer der Flying Bulls und bis zu seinem Ruhestand 2011 ihr Chefpilot. Angerer konnte zusammen mit dem flugbegeisterten Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz, der selbst eine Pilotenlizenz besitzt, viele aussergewöhnliche Oldtimer für die Flotte erwerben und so eine einzigartige Sammlung begründen. Da Riedmann bereits seit dem Jahr 2000 bei den Flying Bulls fliegt, konnte er von Sigi Angerer in nahezu alle Maschinen der Flotte eingewiesen werden. Der 46-Jährige bringt es deshalb auf bereits mehr als 12000 Flugstunden.

Riedmann fliegt heute sowohl die viermotorige DC-6B als auch die Twins B-25 und P-38 Lightning sowie die einmotorige Corsair oder T-28. Deshalb kann er quasi auf jeder Position fliegen, falls einer der anderen Stammpiloten nicht verfügbar ist. Zudem steuert er als einziger Pilot die extrem seltene P-38 Lightning, das Glanzstück der Sammlung. “Es ist ein Privileg, diese wunderbaren Maschinen fliegen zu dürfen”, schwärmt Riedmann von seinem Beruf, der für ihn Berufung ist. Die Corsair bewegt er im Wechsel mit dem französischen Ex-Militärpilot Eric Goujon. Für die mächtige B-25 fungiert neben ihm auch Frederic Handelmann als Flugkapitän, Hans Pallaske und Vito Wyprächtiger sind Copiloten auf der Mitchell.

Und von welchem Flugzeug träumen Piloten noch, bei denen schon eine DC-6B, P-38, F4U-4 Corsair und gleich mehrere Alpha Jets im Hangar stehen? “Ein Starfighter – und er muss flugfähig sein”, meint Raimund Riedmann. Aber die Lockheed F-104 sei allein schon wegen der Geräuschkulisse wohl nicht vermittelbar, fliegende Exemplare gibt es ohnehin nur noch eine Handvoll. Aber auch eine Hawker Sea Fury würde seiner Ansicht nach noch bestens ins Portfolio des Hangar 7 in Salzburg passen. Selbst die Flying Bulls haben also noch unerfüllte Fliegerträume …

 

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