Rennwagen aus Nordirland

Crosslé ist ein “Hidden Champion”. Denn die kleine Firma baut seit 60 Jahren erfolgreich Rennwagen – in Nordirland

  • Fotos: Uwe Stohrer
  • Text: Jürgen Schelling

Bei Rennautos denken die meisten sofort an Porsche, Mercedes, Ferrari oder Lamborghini. Die anglophilen Fans eher an McLaren, Williams oder Lotus. Aber Crosslé? Die kennt fast keiner. Und das hat wohl mit Holywood zu tun. Also mit Film, Showstars, Glamour? Nein, das ist Hollywood in Los Angeles. Hier geht es aber um Holywood, eine Kleinstadt nahe Belfast und damit Teil des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Und genau da baut Crosslé seit 1957 bis heute ununterbrochen Rennwagen.

Nordirland gilt nicht gerade als Mekka für Rennsportliebhaber, und deswegen hapert es auch mit der Bekanntheit von Crosslé etwas. Dabei haben die Wagen einen hervorragenden Ruf in der Branche. Sie gelten als erstklassig verarbeitet, leicht zu warten und einfach zu fahren, dabei aber immer konkurrenzfähig in ihrer Klasse. Schnellebigkeit in der Führungsspitze kann man Crosslé ebenfalls nicht vorwerfen. Seit der Gründung 1957 gibt es erst den dritten Chef. Der heißt Paul McMorran, ist genau wie seine beiden Vorgänger leidenschaftlicher Rennfahrer und führt das kleine Unternehmen Crosslé seit 2012 in die Neuzeit.

Dennoch sieht es am Firmensitz in Holywood nahe Belfast an vielen Stellen noch so aus wie wohl vor 60 Jahren. Ähnlich wie der englische Traditionshersteller Morgan residiert Crosslé in einem klassisch-britischen Backsteingebäude, und genau wie dort wird auf traditionelle Handwerkskunst gesetzt. Auch bei Crosslé wird am liebsten Altbewährtes behutsam weiter entwickelt, auch das ist vergleichbar mit Morgan. Automatisierungsroboter würden in dieses nostalgische Ambiente ungefähr so passen wie eine Punkband zum Geburtsstagsständchen der Queen. Hier geht alles eher geruhsam seinen Gang, weshalb sich auch die beiden umherschnurrenden Firmenkätzchen mitten im Produktionsgebäude absolut wohlfühlen. Und das, obwohl die Endprodukte für hohe Geschwindigkeit und Sportlichkeit stehen. Aber das muss kein Widerspruch sein. Zudem hat Crossle einen hervorragenden Ruf wegen seiner hohen Produktqualität – und dieser darf nicht gefährdet werden. Insgesamt sind in dem verwinkelen Backsteingebäude bereits mehr als 1100 Rennwagen entstanden, in glänzenden Zeiten Anfang der 1970erjahre bis zu 100 im Jahr. Heute ist Crossle eher eine Manufaktur. Die Rennsportwagen des Typs 9S und HTP werden auf Kundenbestellung gebaut und individuell mit BMW-Motoren angepasst. Käufer des 2017 vorgestellten Formelautos Crosslé 90F mit einem Zweiliter-Ford-Zetec-Motor sind unter anderem Rennfahrerschulen, die ihren Novizen auf den nordirischen Fahrzeugen die Grundlagen des Racing beibringen.Wie aber kommt es überhaupt zu diesem ungewöhnlichen Unternehmen? Gegründet wird die Firma vom Farmer John Crosslé. Er widmet sich neben seiner Landwirtschaft begeistert der Rennfahrerei, zunächst auf Motorrädern. Dann will er auf vier Räder umsteigen. Ein von ihm zuerst ins Auge gefasster gebrauchter Rennwagen von Colin Chapman, später Lotus-Chef, ist zu teuer. Also fängt er an, in einem Stall ein Fahrzeug zu bauen. Sein erster selbst konstruierter Wagen Mk.I gewinnt bald erste Rennen. Auch die später folgenden Mk.II und Mk.III auf Ford-Basis fahren Erfolge ein. Sie gehen in der in Großbritannien damals populären und nach ihrem Hubraum genannten 1172-Formel an den Start. Jeder Sieg erhöht die Nachfrage nach seinen Wagen. Denn der junge Chef in seiner damals noch winzigen Rennwagen-Manufaktur achtet nicht nur auf kleinste Details, sondern auch auf innovatives Design und präzise Bauausführung seiner Racer. Dazu gelten sie als ihr Geld wert. Das beschert der Firma rasch Reputation in Rennfahrerkreisen. In den 1960erjahren bieten die Nordiren deshalb bereits Wagen für die europäische Formel Junior sowie die amerikanischen Formel B und C an. Später erweitert sich die Palette auf Formel Super Vau, F3, F2 bis hin zu zweisitzigen Rennsportwagen.

1969 präsentiert das Unternehmen seinen ersten Formel Ford – den 16F, mit dem gleich die europäische Formel-Ford-Meisterschaft gewonnen werden kann. Crossle-Rennwagen räumen in der Folgezeit etliche Siege ab, sowohl in Europa als auch in Übersee. Diese Erfolge und die zunehmende Verbreitung der Formel-Ford-Rennserie führen zu einem enormen Aufschwung. Ende der 1970er werden jährlich mehr als 100 Rennwagen gebaut, vier Fünftel davon für den Export. Legendäre Fahrer wie Nigel Mansell, Eddie Irvine und John Watson fahren Rennen in den Wagen aus Holywood. 1997 geht der Firmengründer in den Ruhestand und übergibt die Leitung seines Werks an Arnie Black. Der ist als Fahrer bereits für viele Crosslé-Rennerfolge verantwortlich.

Arnie Black, der auch heute noch oft im Werk anzutreffen ist, lässt anschließend die 9S-Reihe wieder aufleben, die wohl zu den schönsten je gebauten Rennsportwagen zählen. Eigentlich war der 9S bereits Mitte der 1960erjahre für die FIA-Gruppe-6-Serie entwickelt worden und trat damals gegen Modelle von Lotus, Lola, Chevron und Abarth an. Die Version zu Beginn des neuen Jahrtausends wird zwar auf den gleichen Werkbänken wie damals produziert, allerdings so modifiziert, dass die neuen Zweiliter-Zetec-Motoren von Ford eingebaut werden können. Der 9S setzt heute die Tradition schneller und dennoch robuster Rennsportwagen aus Nordirland fort.

Firmenchef Paul McMorran ist selbst als Rennfahrer aktiv im Einsatz und befindet sich damit in bester Tradition wie einst etwa die Branchen-Legenden Jack Brabham oder Bruce McLaren, die ebenfalls in eigenproduzierten Rennwagen Erfolge einfuhren. Ausserdem kommt so durch den intensiven Austausch mit anderen Fahrern eine ständige Rückmeldung ins Crossle-Werk. Da trifft es sich gut, dass die nordirische Rennstrecke von Kirkistown keine 40 Minuten Fahrtzeit vom Werk entfernt liegt. Hier hatte schon Firmengründer John Crossle Ende der 1950erjahre seine ersten Erfolge eingefahren. Die Rennstrecke hat eine kuriose Historie: Sie wurde 1953 auf einem stillgelegten Royal-Air-Force-Flugplatz eröffnet, dessen Runway kurzerhand zum Hauptteil der Strecke umfunktioniert wurde. Hier werden Crossle-Rennwagen ständig eingesetzt und der Kontakt zu den Kunden gepflegt.

Mittlerweile ist Crosslé seit 61 Jahren ununterbrochen als Rennwagenhersteller aktiv und damit das älteste Unternehmen dieser Art im Vereinten Königreich. Die nordirische Firma hat die anderen berühmten Rennwagenschmieden aus Großbritannien überlebt. Heute steht neben dem Neubau von Rennwagen auch die Restaurierung älterer Crossle-Modelle im Mittelpunkt. Dazu kommen Bau und Überholung der für Mitteleuropäer extrem skurril erscheinenden offenen Sporting Trials Cars. Sie sind eine Motorsport-Spezialität in ganz Irland und Großbritannien. Mit diesen leichten zweisitzigen Wagen ohne Allradantrieb muss eine abgesteckte Tour im zumeist hügeligen oder sumpfigen Gelände gefahren werden, ähnlich wie beim Trialsport im Motorradbereich. Es geht dabei nicht um Schnelligkeit, sondern das Befahren der Strecke mit möglichst wenigen Fehlern. 

Die Zukunft scheint für Crossle gute wirtschaftliche Aussichten bereit zu halten. Denn viele Menschen wollen wieder handgefertigte, klassische Rennwagen ohne Computer, Assistenzsysteme oder Hitech. Und da Werkzeuge und Maschinen bereits ebenfalls oft Jahrzehnte alt sind, müssen in der Firma keine großen Investitionen auf die überschaubare Stückzahl der Neuwagen umgelegt werden. Seit 2017 wirbt das Traditionsunternehmen zudem stolz mit dem Slogan “60 years of winning”. Und diese Holywood-Story ist noch lange nicht zu End

Bei Rennautos denken die meisten sofort an Porsche, Mercedes, Ferrari oder Lamborghini. Die anglophilen Fans eher an McLaren, Williams oder Lotus. Aber Crosslé? Die kennt fast keiner. Und das hat wohl mit Holywood zu tun. Also mit Film, Showstars, Glamour? Nein, das ist Hollywood in Los Angeles. Hier geht es aber um Holywood, eine Kleinstadt nahe Belfast und damit Teil des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Nordirland. Und genau da baut Crosslé seit 1957 bis heute ununterbrochen Rennwagen.

Nordirland gilt nicht gerade als Mekka für Rennsportliebhaber, und deswegen hapert es auch mit der Bekanntheit von Crosslé etwas. Dabei haben die Wagen einen hervorragenden Ruf in der Branche. Sie gelten als erstklassig verarbeitet, leicht zu warten und einfach zu fahren, dabei aber immer konkurrenzfähig in ihrer Klasse. Schnellebigkeit in der Führungsspitze kann man Crosslé ebenfalls nicht vorwerfen. Seit der Gründung 1957 gibt es erst den dritten Chef. Der heißt Paul McMorran, ist genau wie seine beiden Vorgänger leidenschaftlicher Rennfahrer und führt das kleine Unternehmen Crosslé seit 2012 in die Neuzeit.

Dennoch sieht es am Firmensitz in Holywood nahe Belfast an vielen Stellen noch so aus wie wohl vor 60 Jahren. Ähnlich wie der englische Traditionshersteller Morgan residiert Crosslé in einem klassisch-britischen Backsteingebäude, und genau wie dort wird auf traditionelle Handwerkskunst gesetzt. Auch bei Crosslé wird am liebsten Altbewährtes behutsam weiter entwickelt, auch das ist vergleichbar mit Morgan. Automatisierungsroboter würden in dieses nostalgische Ambiente ungefähr so passen wie eine Punkband zum Geburtsstagsständchen der Queen. Hier geht alles eher geruhsam seinen Gang, weshalb sich auch die beiden umherschnurrenden Firmenkätzchen mitten im Produktionsgebäude absolut wohlfühlen. Und das, obwohl die Endprodukte für hohe Geschwindigkeit und Sportlichkeit stehen. Aber das muss kein Widerspruch sein. Zudem hat Crossle einen hervorragenden Ruf wegen seiner hohen Produktqualität – und dieser darf nicht gefährdet werden. Insgesamt sind in dem verwinkelen Backsteingebäude bereits mehr als 1100 Rennwagen entstanden, in glänzenden Zeiten Anfang der 1970erjahre bis zu 100 im Jahr. Heute ist Crossle eher eine Manufaktur. Die Rennsportwagen des Typs 9S und HTP werden auf Kundenbestellung gebaut und individuell mit BMW-Motoren angepasst. Käufer des 2017 vorgestellten Formelautos Crosslé 90F mit einem Zweiliter-Ford-Zetec-Motor sind unter anderem Rennfahrerschulen, die ihren Novizen auf den nordirischen Fahrzeugen die Grundlagen des Racing beibringen.Wie aber kommt es überhaupt zu diesem ungewöhnlichen Unternehmen? Gegründet wird die Firma vom Farmer John Crosslé. Er widmet sich neben seiner Landwirtschaft begeistert der Rennfahrerei, zunächst auf Motorrädern. Dann will er auf vier Räder umsteigen. Ein von ihm zuerst ins Auge gefasster gebrauchter Rennwagen von Colin Chapman, später Lotus-Chef, ist zu teuer. Also fängt er an, in einem Stall ein Fahrzeug zu bauen. Sein erster selbst konstruierter Wagen Mk.I gewinnt bald erste Rennen. Auch die später folgenden Mk.II und Mk.III auf Ford-Basis fahren Erfolge ein. Sie gehen in der in Großbritannien damals populären und nach ihrem Hubraum genannten 1172-Formel an den Start. Jeder Sieg erhöht die Nachfrage nach seinen Wagen. Denn der junge Chef in seiner damals noch winzigen Rennwagen-Manufaktur achtet nicht nur auf kleinste Details, sondern auch auf innovatives Design und präzise Bauausführung seiner Racer. Dazu gelten sie als ihr Geld wert. Das beschert der Firma rasch Reputation in Rennfahrerkreisen. In den 1960erjahren bieten die Nordiren deshalb bereits Wagen für die europäische Formel Junior sowie die amerikanischen Formel B und C an. Später erweitert sich die Palette auf Formel Super Vau, F3, F2 bis hin zu zweisitzigen Rennsportwagen.

1969 präsentiert das Unternehmen seinen ersten Formel Ford – den 16F, mit dem gleich die europäische Formel-Ford-Meisterschaft gewonnen werden kann. Crossle-Rennwagen räumen in der Folgezeit etliche Siege ab, sowohl in Europa als auch in Übersee. Diese Erfolge und die zunehmende Verbreitung der Formel-Ford-Rennserie führen zu einem enormen Aufschwung. Ende der 1970er werden jährlich mehr als 100 Rennwagen gebaut, vier Fünftel davon für den Export. Legendäre Fahrer wie Nigel Mansell, Eddie Irvine und John Watson fahren Rennen in den Wagen aus Holywood. 1997 geht der Firmengründer in den Ruhestand und übergibt die Leitung seines Werks an Arnie Black. Der ist als Fahrer bereits für viele Crosslé-Rennerfolge verantwortlich.

Arnie Black, der auch heute noch oft im Werk anzutreffen ist, lässt anschließend die 9S-Reihe wieder aufleben, die wohl zu den schönsten je gebauten Rennsportwagen zählen. Eigentlich war der 9S bereits Mitte der 1960erjahre für die FIA-Gruppe-6-Serie entwickelt worden und trat damals gegen Modelle von Lotus, Lola, Chevron und Abarth an. Die Version zu Beginn des neuen Jahrtausends wird zwar auf den gleichen Werkbänken wie damals produziert, allerdings so modifiziert, dass die neuen Zweiliter-Zetec-Motoren von Ford eingebaut werden können. Der 9S setzt heute die Tradition schneller und dennoch robuster Rennsportwagen aus Nordirland fort.

Firmenchef Paul McMorran ist selbst als Rennfahrer aktiv im Einsatz und befindet sich damit in bester Tradition wie einst etwa die Branchen-Legenden Jack Brabham oder Bruce McLaren, die ebenfalls in eigenproduzierten Rennwagen Erfolge einfuhren. Ausserdem kommt so durch den intensiven Austausch mit anderen Fahrern eine ständige Rückmeldung ins Crossle-Werk. Da trifft es sich gut, dass die nordirische Rennstrecke von Kirkistown keine 40 Minuten Fahrtzeit vom Werk entfernt liegt. Hier hatte schon Firmengründer John Crossle Ende der 1950erjahre seine ersten Erfolge eingefahren. Die Rennstrecke hat eine kuriose Historie: Sie wurde 1953 auf einem stillgelegten Royal-Air-Force-Flugplatz eröffnet, dessen Runway kurzerhand zum Hauptteil der Strecke umfunktioniert wurde. Hier werden Crossle-Rennwagen ständig eingesetzt und der Kontakt zu den Kunden gepflegt.

Mittlerweile ist Crosslé seit 61 Jahren ununterbrochen als Rennwagenhersteller aktiv und damit das älteste Unternehmen dieser Art im Vereinten Königreich. Die nordirische Firma hat die anderen berühmten Rennwagenschmieden aus Großbritannien überlebt. Heute steht neben dem Neubau von Rennwagen auch die Restaurierung älterer Crossle-Modelle im Mittelpunkt. Dazu kommen Bau und Überholung der für Mitteleuropäer extrem skurril erscheinenden offenen Sporting Trials Cars. Sie sind eine Motorsport-Spezialität in ganz Irland und Großbritannien. Mit diesen leichten zweisitzigen Wagen ohne Allradantrieb muss eine abgesteckte Tour im zumeist hügeligen oder sumpfigen Gelände gefahren werden, ähnlich wie beim Trialsport im Motorradbereich. Es geht dabei nicht um Schnelligkeit, sondern das Befahren der Strecke mit möglichst wenigen Fehlern. 

Die Zukunft scheint für Crossle gute wirtschaftliche Aussichten bereit zu halten. Denn viele Menschen wollen wieder handgefertigte, klassische Rennwagen ohne Computer, Assistenzsysteme oder Hitech. Und da Werkzeuge und Maschinen bereits ebenfalls oft Jahrzehnte alt sind, müssen in der Firma keine großen Investitionen auf die überschaubare Stückzahl der Neuwagen umgelegt werden. Seit 2017 wirbt das Traditionsunternehmen zudem stolz mit dem Slogan “60 years of winning”. Und diese Holywood-Story ist noch lange nicht zu End

 

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